Die Bananen -und Kaffeebauern an den Hängen des Kili
Die Chagga leben bereits seit Jahrhunderten an den Hängen und in der näheren Umgebung des Kilimanjaro. Sie gehören zu den größten Ethnien des Landes. Es gibt leider keine genauen Zahlen, der Anteil der Chagga an der Gesamtbevölkerung Tansanias soll aber etwa 6 % ausmachen. Wann genau sich die Chagga am Kilimanjaro niedergelassen haben, ist nicht ganz klar, Schätzungen gehen zumeist vom 17. Jahrhundert aus. Die Chagga haben ihre eigene Sprache "Kichagga", welche den Bantusprachen zugerechnet wird. Sie sprechen auch die Landessprache Swahili, wegen der touristischen Bedeutung des Kilimanjaro können viele mittlerweile auch Englisch.
Die Chagga sind das typische Volk am Kilimanjaro. Natürlich finden man sie neben anderen Völkern Tansanias auch in den umliegenden Städten und mittlerweile auch im ganzen Land. Die Dörfer an den Hängen des Kilimanjaro werden, wenn man mal von touristischen Hotspots wie Marangu oder Machame absieht, aber nach wie vor fast ausschliesslich von den Chagga bewohnt. Viele Chagga in den Städten und den touristischen Plätzen sind mittlerweile auch im Tourismus beschäftigt. Sie arbeiten oft als Bergführer oder Träger bei Kilimanjaro-Besteigungen und natürlich auch im Gastgewerbe und in den Souvenirshops. Ihr Ruf besonders geschäftstüchtig zu sein, eilt ihnen im ganzen Land voraus.
Ursprünglich sind die Chagga aber ein Volk von Bauern und betreiben auch heute noch eine sehr traditionsbewusste Landwirtschaft. Dabei kommt ihnen seit Jarhunderten ein ausgeklügeltes Kanalsystem zur Bewässerung der Felder zugute. Jeder noch so kleine Gebirgsbach wird angezapft, das Wasser kreuzt Fusswege und Pisten, damit auch die kleinsten Felder erreicht werden. Entlang der Wasserkanäle kann man ausserhalb der Dörfer auch gut wandern, es erinnert ein wenig an die Levadas auf der Insel Madeira.
Zu den Hauptanbauprodukten gehören traditionell Bananen, wobei hier zwischen zwei Sorten unterschieden wird. Den Dessertbananen, die reif gepflückt und sofort gegessen werden, und den Kochbananen, die noch unreif geernet werden und zur Essenszubereitung verwendet oder für das regionale Bier "mbege" vergoren werden. Die Bananen sind ein Grundnahrungsmittel der Chagga und werden das ganze Jahr über geerntet. Beliebte Gerichte sind zum Beispiel Mtori (Bananen-Fleisch-Suppe) oder Ndizi Nyama, ein Fleischeintopf mit grünen Bananen.
Neben den Bananen wird seit der Kolonialzeit auch Kaffee der Sorte Arabica angebaut, der an den Hängen des Kilimanjaro besonders gut gedeiht. Den Kaffee, den man auch gut in den Dörfern erwerben kann, hat meist Bio-Qualität. Nur die wenigsten Kaffebauern verwenden Pestizide, sondern bekämpfen die Schädlinge mit Asche und Rauch. Die Erntezeit in den höheren Lagen ist etwa von Oktober bis Februar, in den niederen Lagen entsprechend früher. Die Kirschen werden von den Kafffesträuchern mit der hand gepflückt. Etwa 90 % des Kaffees am Kilimanjaro wird von den kleinen Familienbetrieben produiziert. Natürlich bauen die Chagga auch andere Pflanzen wie z.B. Mais, Süßkartoffeln oder rote Bohnen an, in geringerem Ausmaß betreiben sie auch Viehzucht.
Der Besuch in einem authentischen Chagga-Dorf ist allemal empfehlenswert. In der näheren Umgebung von Moshi befinden sich z.B. die Dörfer Materuni und Shimbwe, beide sind etwa eine halbe Stunde Fahrtzeit von Moshi entfernt und können nur auf holprigen Pisten erreicht werden. Mit dem eigenen Auto sollten hier nur Fahrer mit entsprechender Offroad- Erfahrung unterwegs sein. In der grossen Regenzeit sind die Pisten teils rutschig wie Schmierseife, beide Orte sind dann an manchen Tagen praktisch von der Aussenwelt abgeschnitten.
Materuni hat mittlerweile durch den Mnambe Wasserfall, der sicherlich zu den schönsten Wasserfällen am Kilimanjaro zählt, einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt. Die Bewohner Materunis haben ihn kurzerhand in Materuni Wasserfall umbenannt und die Einnahmen aus den Eintrittsgebühren bessern mittlerweile merklich die Dorfkasse auf. Das Geld kommt z.B. der örtlichen Krankenstation zugute. Die Wanderung zum Wasserfall lässt sich gut mit einer Kaffee-Tour und einem warmen Chagga-Mahl im Dorf verbinden. Wer mag, der kann unterwegs oder nach dem Mittagessen auch das lokale Bananenbier probieren.
Wer etwas mehr Zeit hat, oder diese lieber an einem ruhigen Ort mit den Chagga, als in einem Stadthotel verbringt, der kann in Materuni auch übernachten. Da Materuni darauf nicht wirklich eingestellt ist, sind die Möglichkeiten etwas eingeschränkt und sehr einfach. Wir selbst betreiben in Materuni einen kleinen Campingplatz und bieten auch auf Anfrage die Übernachtung im Haus von Mama Agnes an. Abends geht es in Materuni sehr beschaulich zu, ein Spaziergang durchs Dorf mit Kilimanjaro Sonnenuntergang ist besonders schön. Das gemeinsame zubereiten des Abendessens mit einer der Mamas macht Spass, den Abend kann man entspannt bei einem Bier oder einem Plausch mit den Dorfbewohnern ausklingen lassen.
Im Nachbardorf Shimbwe machen die Bewohner eine lange Nase, da man hier nicht auf die Idee gekommen ist, den Wasserfall nach dem Ort zu benennen. Die Chagga in Materuni waren halt schneller. Es geht in Shimbwe daher auch tagsüber noch weit ruhiger zu als in Materuni. Der Weg zum Materuni Wasserfall ist von hier aus besonders schön und meist ist man ohne weitere Touristen unterwegs. Man sollte allerdings nicht auf eigene Faust hierher fahren, der Ausgangspunkt der Wanderung ist schwerer zu finden, als von Materuni aus.
Auch in Shimbwe kann man übernachten, entspannte Spaziergänge im weitläufigen Dorf unternehmen und mit den sehr freundlichen Bewohnern plaudern. Lohnenswert ist auch ein Besuch der Dorfschule oder beim lokalen Tischler, einem Rasta, der tolle Möbelstöcke fertigt. Die Schule freut sich immer über Besucher, eine kleine materielle Spende (Buntstifte, Schreibpapier) für die Kinder ist gerne willkommen, aber kein Muss. Sie können aber auch gerne eine Familie im Dorf oder einen Landwirt besuchen. Wie gesagt, die Menschen sind hier besonders herzlich und noch wenig an Touristen gewöhnt. In Shimbwe gibt es noch weniger Unterkünfte als in Materuni, mal abgesehen von einer Lodge, die weit oberhalb des Dorfes liegt. Es gibt aber ein sehr gutes Gästehaus, welches dem Erzbischof von Dodoma gehört, der aus Shimbwe stammt. Zu finden auf unserer Webseite unter Dorfunterkünfte.
Um das Dorf herum gibt es sehr schöne Wandermöglichkeiten, z.B. zum Mongioni Wasserfall oder zu den oberhalb des Dorfes an der Nationalparkgrenze gelegenen Wiesen auf gut 1.900 Metern. Ein mehrtägiger Aufenthalt lohnt sich also und ist eine gute Gelegenheit, die Natur des Kilimanjaro und das typische Leben der Chagga an seinen Hängen kennenzulernen. Ein besonderer Tipp ist eine Wanderung von Materuni zum Materuni Wasserfall und dann weiter nach Shimbwe mit Übernachtung im Dorf. Am nächsten Tag ist dann Zeit um die Gegend um Shimbwe zu erkunden. Eine tolle Wanderung abseits der Touristenpfade.
Wer mehr über die Geschichte der Chagga erfahren will, für den lohnt sich ein Abstecher ins Bergdorf Marangu. Das Dorf ist der Ausgangspunkt der Marangu Route zum Gipfel des Kilimanjaro und ist von Moshi aus in weniger als einer Stunde mit dem Auto auf einer gut asphaltierten Strasse erreichbar. Sie können hier ein kleines Chagga-Museum mit Nachbauten von traditionellen Hütten besuchen. Und auch die Chagga-Höhlen, die von den Chagga vor etwa 200 Jahren zum Schutz vor den Massai gegraben wurden.
Wenngleich es in Marangu mittlerweile recht touristisch zugeht, lohnt sich hier sicher auch ein Abstecher zum Gate des Nationalparks, wo man ein wenig über die Geschichte des Kilimanjaro erfahren kann. Auch der Besuch des Dorfmarkts mit den vielen Stoffen, Haushaltsartikeln, Bekleidung, Obst und Gemüse ist keine schlechten Idee. Auch in Marangu gibt es einige sehr schöne Wasserfälle (teils aber überteuerter Eintritt) und Wandermöglichkeiten. Einige meist jüngere Bewohner bieten sich hier als Führer an oder versuchen Souvenire zu verkaufen, manchmal sind sie leider sehr aufdringlich. Nach dem Besuch kann man im schönen Garten des Marangu Hotels einen sehr guten Kaffee oder ein Mittagessen zu einem fairen Preis geniessen. Bei guter Sicht sogar mit einem tollen Ausblick auf zwei der Kilimanjaro-Gipfel, den Kibo und den Mawenzi.
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